Ausblick: Es kann losgehen!
Gesundheitsversorgung
wird endlich digital

Gottfried Ludewig

Bundesministerium für Gesundheit

Ja, wir können.

Das Wichtigste, das wir aus den vergangenen Jahren mitnehmen können, aus einer Legislatur in die nächste, ist Selbstvertrauen und Zuversicht.

Wir haben gelernt, dass es geht. Behindernde Strukturen können verändert und überwunden werden.

Es ist möglich, die theoretischen Debatten zu verlassen. Wir können Digitalisierung ganz konkret voranbringen. Wir alle gemeinsam – Politik, Krankenkassen, Ärzte, Akteure im Gesundheitssystem, Unternehmen Verbände – haben einen großen Schritt nach vorne gemacht. Wir haben gelernt, dass Veränderung innerhalb unseres guten deutschen Gesundheitswesens möglich ist und dass Veränderung unsere größte Chance darstellt, nicht passiv zusehen zu müssen, wie große internationale Unternehmen sich mit Produkten und Strukturen immer stärker am Gesundheitsmarkt positionieren und damit zugleich die Versorgungsstrukturen von morgen nach ihren Vorstellungen definieren. Wir haben gelernt, dass wir selbst gestalten können – dass es möglich ist, in Deutschland digitale Gesundheitsversorgung nach unseren Vorstellungen voranzubringen, das Tempo zu erhöhen, Fortschritte zu erzielen, Erfolge zu sehen.


Ja, wir können das: Unser gutes, gut funktionierendes Gesundheitswesen für uns erhalten und es zugleich unter den Bedingungen der Digitalisierung ganz neu denken. Nicht nach einem großen, perfekten, fertigen Plan, sondern jeden Tag neu, im steten, lebendigen Austausch mit den Beteiligten. Die Entwicklungen in Technologie und Gesellschaft Schritt um Schritt aufnehmen, für das Gesundheitssystem übersetzen, einführen, Erfahrungen damit sammeln, die Konzepte anpassen und besser machen, und wieder weitergehen: So kann der Wandel gelingen. Es ist gut zu sehen, wie viele jetzt angefangen haben, an den Herausforderungen zu wachsen, in Richtung der Chancen zu denken, eigene Perspektiven einzubringen, die Rolle ihrer Institutionen und Unternehmen unter den neuen Vorzeichen zu definieren und zu gestalten. Der Prozess, den wir in Gang gesetzt haben, ist nicht mehr umkehrbar. Nicht in der Sache, aber vor allem nicht in den Köpfen der Menschen. Denn wir haben verstanden: Digitalisierung im Gesundheitswesen ist keine Spielerei oder Modeerscheinung. Sie ist die Grundlage einer besseren Gesundheitsversorgung der Patientinnen und Patienten in der Zukunft.

Die Pandemie hat die Vorteile der Digitalisierung erfahrbar gemacht.

Die Pandemie hat das zusätzlich verstärkt, hat die Vorteile digital gestützter Gesundheitsversorgung konkret erfahrbar gemacht und die notwendigen Entwicklungen an vielen Stellen stark beschleunigt.


Die Vorzüge der Videosprechstunde, die medizinische Versorgung über Distanzen und ohne Ansteckungsgefahren möglich macht, wurden plötzlich deutlich sichtbar, und sie ist für viele Patienten und Ärzte ein selbstverständlicher Teil des Praxisalltags geworden: Während in 2019 insgesamt nur 3.000 Videosprechstunden durchgeführt wurden, waren es allein im ersten Halbjahr 2020 bereits 1,4 Millionen. Die Corona-Warn-App (CWA) ist die erfolgreichste Corona-App in Europa. Sie wird in Deutschland von Millionen Menschen genutzt und hat nach neusten Erkenntnissen ca. 200.000 Infektionsketten frühzeitig unterbrochen. In einem offenen und transparenten Entwicklungsverfahren sind mit dem Voranschreiten der Pandemie immer wieder neue Lösungen gefunden und zusätzliche Mehrwerte für die Nutzer geschaffen worden. Der digitale Corona-Impfausweis ist im europäischen Reiseverkehr sehr nützlich und hilft uns auch national dabei, die Beschränkungen der Pandemie nach und nach sicher aufzuheben. Mit dem schnell aufgebauten digitalen System DIVI für die Echtzeiterfassung von Intensivbetten-Kapazitäten ist Deutschland international Vorbild. Auch den öffentlichen Gesundheitsdienst haben wir mit Hochdruck ins 21. Jahrhundert gebracht: Zwischen Laboren und Gesundheitsämtern müssen Meldungen zum Nachweis des Coronavirus nicht mehr gefaxt werden, Infektionsmeldungen und Kontaktnachverfolgungen können schnell und effizient in einheitlichen elektronischen Systemen erfolgen.


Jetzt ist es wichtig, die gewonnene Dynamik beizubehalten und die in der Pandemie gemachten Erfahrungen in den übergreifenden Digitalisierungsprozess für das Gesundheitswesen mit hineinzunehmen.

Dr. Gottfried Ludewig

Dr. Gottfried Ludewig

Seit April 2018 ist Dr. Gottfried Ludewig Leiter der Abteilung „Digitalisierung und Innovation“ im Bundesministerium für Gesundheit. In dieser Funktion ist er verantwortlich für Gesetzesvorhaben wie das Digitale-Versorgung-Gesetz und das Patientendaten-Schutz-Gesetz. Unter anderem wurden mit diesen Gesetzen die Themen elektronische Patientenakte, elektronisches Rezept, der Anspruch der Versicherten auf Versorgung mit digitalen Gesundheitsanwendungen („Apps auf Rezept“), die Schaffung eines Forschungsdatenzentrums sowie Vorgaben für Interoperabilität auf den Weg gebracht. Zudem steuerte er den Prozess der Entwicklung und Einführung der Corona-Warn-App. Zuvor war er sechs Jahre lang Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses und fungierte dort als gesundheitspolitischer Sprecher sowie als stellvertretender Vorsitzender der CDU-Fraktion. Parallel zu seinem Abgeordnetenmandat war er in Teilzeit für die Unternehmensberatung PwC beruflich tätig.

Die nationale eHealth-Infrastruktur wächst

Wir werden in den kommenden Jahren die Wirkungen der umfangreichen gesetzgeberischen Impulse sehen, die wir in der zurückliegenden Legislatur gesetzt haben, von der Telematikinfrastruktur (TI) bis zur Telemedizin, von der Interoperabilität bis zu digitalen Anwendungen für die Patienten. Die nationale eHealth-Infrastruktur wird nun Schritt um Schritt in die Fläche gehen und zentrale Dienste und Anwendungen für eine digital gestützte Gesundheitsversorgung zur Verfügung stellen. Nach Arztpraxen, Apotheken und Krankenhäusern werden weitere Institutionen und Gesundheitsberufe an die Telematikinfrastruktur angeschlossen. Sicherer E-Mail-Dienst und Messengerdienst, das eRezept und die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) werden ausgerollt und ersetzen Brief , Fax- und Zettelwirtschaft. Mit dem Medikationsplan und der elektronischen Patientenakte (ePA) werden die ersten medizinischen Anwendungen der TI aufgebaut, ergänzt um die Patientenkurzakte für die grenzüberschreitende Versorgung in Europa.


Und während immer mehr Angebote für Patienten, Leistungserbringer und Apotheken erstmals nutzbar werden, beginnt im Hintergrund mit digitalen Identitäten, Zukunftskonnektoren und anderen Innovationen bereits die Weiterentwicklung der Strukturen, um auf der Höhe der technologischen Entwicklung zu bleiben, das Zusammenspiel der einzelnen Angebote zu erleichtern, die Anwendungen Dritter flexibel anbinden oder integrieren zu können und neue und bessere Nutzungsmöglichkeiten für alle Beteiligten in der Gesundheitsversorgung zu schaffen.
Es ist klar, die Erfahrungen liegen ja schon umfangreich vor, dass dieser Aufbauprozess nicht ohne kleinere und größere Schwierigkeiten ablaufen wird. Es braucht immer wieder neue Ansätze, um die Dinge in Gang zu bringen und eine gute Implementierung in den Versorgungsalltag zu erreichen. Hier gilt es, Anfangsschwierigkeiten zu überwinden, Nutzerbedarfe zu verstehen, verlässliche Betriebsroutinen zu entwickeln und temporäre Übergänge zu bauen zu dem, was noch der alten Logik folgt.


Entscheidend ist, dass die Neuerungen nicht nur auf dem Papier stattfinden, sondern dass mit diesen Schritten nach vorne auch die Bürgerinnen und Bürger und die Leistungserbringer konkret die Veränderung spüren. Viele kleine Fortschritte in vielen verschiedenen Alltagsrealitäten schaffen gemeinsam den qualitativen Sprung. Jetzt geht es darum, diese Entwicklung weiter entschieden voranzutreiben, die Einzelteile immer stärker miteinander zu verbinden und auf diese Weise immer mehr auch zu übergreifend funktionierenden, nutzerfreundlichen Prozessen für die Gesundheitsversorgung zu gelangen.

Videosprechstunde & beyond: attraktive neue Versorgungsprozesse gestalten

Das Ziel muss ja sein, dass Medizin und Telemedizin, digitale und analoge Versorgungsabläufe gar nichts Getrenntes mehr sind. Wir brauchen praktische, alltagstaugliche Use Cases, die für die Menschen wirklich einen Unterschied machen, für die Patienten wie für die Ärzte und die anderen Leistungserbringer im System.


Ein sehr wichtiger Treiber wird hier sicher das eRezept sein. Ab 1. Januar 2022 ist das eRezept für die Verordnung von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln verbindlich. Versicherte können dann über die eRezept-App der gematik automatisch auf ihr eRezept zugreifen. Wer diese Möglichkeit nicht hat, kann auch einen Papierausdruck erhalten, auf dem die Zugangsdaten zum eRezept aufgedruckt sind. Bei beiden Varianten werden die eigentlichen Rezeptinformationen elektronisch signiert und vollständig digital von der Arztpraxis bis zur Apotheke übertragen, die der Versicherte zur Einlösung auswählt. Das kann gleichermaßen eine Versandapotheke oder eine Vor-Ort-Apotheke sein. Zusätzliche Services wie aktuelle Verfügbarkeitsinformationen zu den Arzneimitteln oder die Speicherung des eRezepts in der ePA werden das Angebot ergänzen.
In Verbindung mit der Videosprechstunde werden damit endlich komplette Versorgungsabläufe möglich. Wer als Patient wenig Zeit, lange Wege, eine ansteckende Krankheit oder andere Gründe hat, zu Hause zu bleiben, kann ab dem kommenden Jahr nicht nur von fern den Arzt konsultieren, sondern auch gleich ein Rezept und ein Arzneimittel erhalten. Sobald sie zur Verfügung steht, wird die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dieses Angebot noch effektiver und attraktiver machen.


Wir sehen schon jetzt, wie sich Krankenkassen und Vertragsärzte, kleine und große Unternehmen aufstellen für das, was da kommen wird: ein neuer Entwicklungsschub für die Telemedizin. Hier wird intensiv nach den besten Lösungen gesucht, die für Ärzte wie Patienten einfach zugänglich und komfortabel nutzbar sind. Es ist wichtig, dass diese Entwicklung weiterhin aufmerksam beobachtet wird und die Rahmenbedingungen stetig angepasst werden, damit der neu entstehende, intensive Wettbewerb nach fairen Regeln abläuft und sich auch auf die richtigen Ziele richtet – insbesondere auf das übergreifende Ziel, die Gesundheitsversorgung zu verbessern. Noch einmal zur Erinnerung: Digitalisierung ist ja kein Selbstzweck. Sie ist ein Instrument, das wir dringend benötigen, um unsere Gesundheitsversorgung zukunftsfest zu machen. Wir müssen heutige Kommunikationsstrukturen und heutige Wertschöpfungsmöglichkeiten in unser Gesundheitssystem einbringen, um es stark zu machen und in die Lage zu versetzen, trotz der Belastungen durch Demografie, Strukturwandel, Fachkräftemangel funktionsfähig zu bleiben und eine qualitativ hochstehende, flächendeckende Versorgung für alle Versicherten weiterhin zu ermöglichen.


Mit Blick auf die telemedizinische Versorgung bedeutet das, auch die nötigen nächsten Schritte zur Erweiterung und Fundierung der Behandlung zu fördern und zu begleiten: die Einbindung weiterer Anwendungen wie ePA, Triage-Systeme, Fragealgorithmen; die strukturierte Anbindung an die Vor-Ort-Versorgung; kurzum: die Sicherstellung guter und gut zugänglicher Medizin.

Gesundheits-Tool und Universalschnittstelle:
die ePA im Mittelpunkt

Endlich ist sie Wirklichkeit. Auch in Deutschland. Nach und nach, mit ihren weiteren Ausbaustufen, wird die ePA jetzt ins Zentrum einer neuen, digital gestützten Gesundheitsversorgung rücken. Sie kann wesentliche Unterstützung dafür leisten, dass Behandler und Patientinnen und Patienten besser kommunizieren können, dass die Abläufe im Behandlungsalltag leichter werden, dass Diagnosen und Therapien genauer ausgerichtet werden und eine bessere Wirkung für die Patientinnen und Patienten entfalten. Die Nutzung der ePA ist für die Versicherten freiwillig, und nur sie entscheiden darüber, welche Daten gespeichert oder gelöscht werden und welcher Leistungserbringer darauf zu zugreifen darf. Neben Befunden, Arztberichten oder Röntgenbildern lassen sich ab 2022 bereits auch erste strukturierte Daten wie der Impfausweis, der Mutterpass, das gelbe Untersuchungsheft für Kinder und das Zahn-Bonusheft in der ePA speichern. Mit der Etablierung des Entwicklungsprozesses für die Medizinischen Informationsobjekte (MIO) und mit dem Beitritt Deutschlands zu SNOMED werden künftig mehr und mehr strukturierte Datensätze für die ePA zur Verfügung stehen und ganz neue Möglichkeiten für eine digital gestützte Gesundheitsversorgung eröffnen. In weiteren Ausbaustufen der ePA können auch Daten aus digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) in die ePA überstellt werden; die Datenspende für die Forschung wird möglich sein, ebenso die Integration des Medikationsplans und persönlicher Erklärungen wie Patientenverfügung oder Organspendeausweis; auch Informationen aus dem Nationalen Gesundheitsportal sollen den Nutzern kontextbezogen in Verbindung mit den Daten der ePA zur Verfügung stehen.


Die ePA wird sich damit in den kommenden Jahren nicht nur zum zentralen Tool für die Selbstorganisation der Versicherten und für einen selbstbestimmten Umgang mit der eigenen Gesundheit oder Krankheit entwickeln. Sie wird zugleich auch die Rolle einer flächendeckenden Schnittstelle zwischen Patienten und Leistungserbringern im Gesundheitswesen einnehmen, die im Zusammenspiel mit anderen Diensten und Anwendungen vielfältige neue Szenarien möglich macht.

DiGA: Nukleus für integrierte, patientenzentrierte Versorgungsprozesse

Gerade im Zusammenspiel von ePA und DiGA wird es möglich sein, auch umfassende neue Versorgungskonzepte abzubilden. Die bisher ins DiGA-Verzeichnis des BfArM aufgenommenen und damit in der GKV erstattungsfähigen DiGA fokussieren zunächst überwiegend auf den Point of Care beim Patienten und setzen hier auf Therapieunterstützung (Übungen, Tagebuch, Selbstmanagement) oder bieten eigenständige Therapien im Bereich der psychischen Erkrankungen an. Grundsätzlich sind DiGA aber weiter gefasst und durch ihre Definition als digitale Medizinprodukte, die von den Patienten oder durch Patienten und Leistungserbringer gemeinsam genutzt werden, sowie durch die umfangreichen weiteren Vorgaben als Nukleus für integrierte, digital gestützte, patientenzentrierte Versorgungsprozesse angelegt.


Um die umfassenden Potenziale von DiGA zur Entfaltung zu bringen, müssen die Regelungen zum Fast Track und die weiteren Rahmenbedingungen im Gesundheitssystem Schritt um Schritt weiterentwickelt werden – auf der technischen und organisatorischen Ebene ebenso wie in den Vertrags- und Vergütungsstrukturen und den berufsrechtlichen Vorgaben bis hin zu den übergreifenden Fragen der Nutzung von Gesundheitsdaten für eine bessere Versorgung und Medizin. Telemonitoring, Digitales Disease Management Programm (DMP), virtueller Kassenarztsitz sind nur einige der Stichworte, die hier denkbar sind. Je tiefer DiGA in die Versorgung integriert werden, desto mehr werden auch die Möglichkeiten wachsen, mithilfe von DiGA nicht nur die Therapieanteile beim Patienten nachhaltig zu stärken, sondern DiGA zugleich auch als Evaluationsinstrument zu nutzen, geeignete Ergebnisparameter zu erheben und die Effekte von Versorgungskonzepten systematisch zu messen und auszuwerten. Mit der Regelung zu erfolgsabhängigen Preisbestandteilen haben wir im DiGA-Fast-Track diese Dimension bereits angelegt. In Bereichen wie beispielsweise der Diabetesversorgung eröffnen sich hier ganz neue Perspektiven.

Datennutzung für die Forschung weiter ausbauen

Medizinische Maßstäbe entwickeln sich stets weiter. Durch die Gesundheitsforschung werden neue und innovative Behandlungsmethoden entwickelt, die Heilungschancen verbessern und immer neue Standards für eine zeitgemäße und hochwertige Gesundheitsversorgung setzen. Grundbedingung für die erfolgreiche Forschung im medizinischen und pharmakologischen Bereich ist eine breite Verfügbarkeit von Gesundheitsdaten. Nur dann können neue Theorien und Behandlungsmethoden erforscht, Arzneimittel entwickelt und medikamentöse und nicht-medikamentöse Therapieansätze wissenschaftlich überprüft und in die Gesundheitsversorgung überführt werden. Entscheidend ist dabei neben der einfachen Verfügbarkeit und dem großen Umfang der Datensätze auch deren Qualität und Vergleichbarkeit.


Darum werden im neu errichteten Forschungsdatenzentrum (FDZ) beim BfArM die bei den Krankenkassen vorliegenden Abrechnungsdaten pseudonymisiert zusammengefasst und der Forschung genauso wie den verantwortlichen Akteuren des Gesundheitswesens auf Antrag anonymisiert übermittelt. So stehen der Wissenschaft in einem geschützten Raum aktuellere und mehr Daten für neue Erkenntnisse zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung zur Verfügung. Ab 2023 kommen weitere Gesundheitsdaten hinzu, die Versicherte aus der ePA für das FDZ zur Verfügung stellen können. Damit werden künftig sowohl die ePA als auch das FDZ wichtige Faktoren für die Nutzbarmachung von Gesundheitsdaten sein. Um Spitzenforschung in Deutschland zu ermöglichen, muss die Entwicklung hin zu einer chancen- und gemeinwohlorientierte Datennutzung konsequent weiterbetrieben werden. Perspektivisch wird die Anbindung der bestehenden Datennutzungsinfrastruktur an den geplanten europäischen Gesundheitsdatenraum (EHDS) ein wichtiges Ziel sein. Über den staatlich kontrollierten Bereich hinaus könnten in Zukunft dann auch weitere Datentreuhänder nach dem Modell des FDZ etabliert werden, um als Verbindungspunkt und Mittler zwischen Versicherten und der Forschung zu agieren.

Europäische Zusammenarbeit stärken und weiterentwickeln

Nicht erst die Pandemie hat gezeigt, wie wichtig die europäische Zusammenarbeit für die Digitalisierung auch im Gesundheitswesen ist. Denn was für Viren gilt, gilt auch für Daten: Sie machen nicht an Landesgrenzen halt. Mit Blick auf andere Innovationstreiber in der Welt ist die Einsicht weitergewachsen, dass wir Europa brauchen, um wertegeleitete Standards digitaler Gesundheit auch gegenüber den USA und China weltweit behaupten zu können.


Darum haben wir die europäische Ausrichtung der gematik gestärkt und mit dem EU-Gesundheitsdatenraum unter der deutschen Ratspräsidentschaft 2020 einen zentralen Policy-Bereich und Arbeitsstrang der Europäischen Union definiert, um für die Zukunft die nötigen Weichen zu stellen. Damit wollen wir gemeinsame Standards für die Forschung und für die Nutzung von Gesundheitsdaten setzen. Die europäische Vernetzung der Corona-Warn-App, aber auch die Einführung des digitalen COVID-Zertifikats der EU haben gezeigt, ein wie großer Mehrwert sich schaffen lässt, wenn die Mitgliedstaaten im eHealth-Netzwerk und in Europa an einem Strang ziehen. Nirgendwo auf der Welt wurde so schnell ein gemeinsamer, grenzüberschreitend und rechtlich verbindlicher interoperabler digitaler Corona-Nachweisstandard entwickelt. Diese Energie sollten wir auch für den Gesundheitsdatenraum nutzen.

Den Veränderungsprozess gemeinsam fortführen

Mit Zuversicht können wir in die kommenden Jahre blicken. Entscheidend ist allein, dass die Veränderungsgeschwindigkeit nicht verringert, sondern eher noch erhöht wird.


Die Welt und der weltweite Fortschritt im Bereich des Gesundheitswesens warten nicht darauf, ob im SGB V ein Paragraf geändert wird. Die Kernfrage der vergangenen Jahre gilt auch für die kommenden: Wollen wir im deutschen Gesundheitswesen die Veränderung von außen ertragen, oder wollen wir die digitale Veränderung gemeinsam selbst gestalten? Unsere Antwort darauf bleibt weiterhin gültig: Wir gestalten selbst die digitale Zukunftsmedizin für eine bessere Versorgung von Patientinnen und Patienten in Deutschland und Europa.